Dies ist das Reisetagebuch zu unserer Veranstaltung Krieg der Runen – Das Buch Kaleb aus dem Jahr 2015. Wir haben uns dazu entschlossen, die Reisetagebücher aus Sicht eines unbekannten Autors und Beobachters zu erstellen, um allen bisherigen und zukünftigen Reisenden die Möglichkeit zu geben, die Geschehnisse noch einmal Revue passieren zu lassen und ein vollständiges Bild über die Ereignisse zu bekommen. Die Reisetagebücher sind so gestaltet, dass sie problemlos auch In-Time benutzt werden können. In Kürze werden die entsprechenden, grafisch aufgearbeiteten Bücher auch als Download zur Verfügung stehen. Jetzt lehnt euch zurück, holt euch noch was zu trinken und taucht mit uns in die Nebellande ab.

Das Buch Kaleb

Kapitel I - Die Reise

Die Reise dauerte bereits eine gefühlte Ewigkeit. Auf den Schiffen, die den myrrthianischen Hafen Richtung Truul verlassen hatten, war es eng. Menschen, Elfen, Zwerge und noch andere Reisende, die ich nicht in Kategorien einteilen konnte, saßen eng an eng beisammen und konnten es kaum erwarten, dass wir unser Ziel endlich erreichen würden. Truul, dieser verheißungsvolle Ort dieses Versprechen von fließender Milch und saftig süßem Honig. Arvo Aros, ein scheinbar reicher Kaufmann, hatte die myrrthianische Regierung dazu überredet, nicht nur einer Expedition, sondern auch der Bewirtschaftung der kleinen Insel im Westen zuzustimmen. Seit jeher galt Truul als unfruchtbares, raues und gefährliches Land ohne irgendeinen besonderen Anreiz. Arvo, der bereits eine Reise dorthin unternommen hatte, behauptete etwas anderes und sehr viele unterschiedliche Wesen schienen seinen Worten und seinem Aufruf zu folgen. Das schnelle Kupfer verdienen; das wollten die meisten. Arvo hatte berichtet, dass Edelmetalle und Edelsteine buchstäblich auf den Straßen liegen würden, dass verborgenes und machtvolles Wissen über die fast in Vergessenheit geratene Kunst der Runenherstellung darauf warten würde, wieder entdeckt zu werden und dass man dort auch ein neues zu Hause finden könnte. Eines fernab von Krieg und Entbehrung. Diese Versprechen trieben wohl den Großteil der Reisenden auf die Schiffe.

 

Die Reise zu Wasser dauerte drei Tage und drei Nächte. Am Morgen des vierten Tages endlich der Ruf „Land in Sicht!“. Mein Herz tat einen freudigen Sprung. Ich hatte mich mit einem Zwerg angefreundet, der mir beim Spielen das ganze Kupfer abgenommen hatte. Ich hegte den Verdacht, dass der miese Dreckskerl seine Spielwürfel manipuliert haben musste, aber ich hatte nichts gesagt. Was solls, sagte ich mir. Bald würde ich genügend neues Geld auf den Straßen Truuls finden. Kurze Zeit später legten wir am provisorischen Hafen an und luden die Schiffe ab. Auf vielen Kisten prangte das stolze Wappen Myrrths, der Phönix. Es gab Gerüchte, dass Arvo keine Hilfe von der Hauptinsel erhalten habe. Nun, die Symbole auf den Versorgungsgütern straften diese als Lüge und Geschwätz ab. Am späten Nachmittag, nachdem alles von den Schiffen abgeladen und auf Karren aufgeladen war setzte sich die Expedition in Bewegung.
Auch dieser Fußmarsch zog sich in die Länge. Ich hatte am ersten Abend nahe des Lagerfeuers die Bekanntschaft eines jungen Halbelfen gemacht. Wir waren uns gleich sympathisch und tranken an diesem Abend viel zu viel. Als wir am nächsten Morgen erwachten, war die Expedition gerade dabei weiter zu ziehen. Ich zog mir schnell was an, wusch mir den Dreck aus dem Gesicht und marschierte weiter. Nach drei weiteren Tagen gemütlichen Fußmarsches erreichten wir endlich das provisorische Lager. Es wurde alles schnell abgeladen, Zelte wurden aufgerichtet und Bereiche festgelegt. Am südlichen Rand des Lagers war eine befestigte Hütte. Sie war umstellt von kleineren Holzverschlägen und einem Platz, an dem man sich versammeln konnte. Nahe dieses Platzes befand sich ein seltsames Objekt. Arvo erzählte uns, dass es sich hierbei um die Runenschmiede des berühmten Runenschmieds Agador von Siebenheim handelte. Ich fand sie zwar recht unspektakulär, aber irgendwie auch faszinierend zugleich. Die Oberfläche dieses monolithischen Bauwerks war seltsam weich und dennoch robust, beinahe unzerstörbar wirkend. An der Oberseite, die etwa zwei Meter vom Boden aus gelegen war, schälte sich die Form einer Hand heraus, die darauf wartete, dass etwas hineingelegt werden sollte. Weiter unten waren vier goldene Schalen. Leider war es mir nicht möglich, diese Schalen zu entfernen. Das wäre mal schnell gemachtes Geld gewesen.
 
Agador von Siebenheim! Natürlich hatte ich bereits von diesem Namen gehört. Jedes myrrthianische Kind kannte ihn. Wir hatten in der Schule gelernt, dass er der letzte große Runenmeister war. Es gab eine Zeit auf Myrrth in der die Runenkunde sich als Ergänzung und Gegenstück zur allgegenwärtigen Magie etabliert hatte. Zu dieser Zeit entdeckten gelehrte, dass es besondere Symbole gab, die im Zusammenspiel mit einem besonderen Laut, einem sogenannten Wort der Macht kraftvolle Effekte erzeugen konnte. Das Symbol musste aufwendig in handwerklich schwierig herzustellenden Runen eingearbeitet werden. Diese Prozedur dauerte meist Tage und war nur etwas für echte Liebhaber. Agador jedoch hatte es scheinbar in seinen alten Tagen, kurz bevor er wie vom Erdboden verschluckt worden war, geschafft, eine Runenschmiede herzustellen. Ein Objekt, dass die Runenherstellung deutlich einfacher gestaltete. Mann musste jetzt nur noch die Ingredienzien in die Schmiede legen, das Wort der Macht sagen und damit ein Objekt in eine aufgeladene Rune umwandeln.
 
Agador hatte drei Schüler, die er in seinem geheimnisvollen Handwerk ausbildete. Ihre Namen waren Nezzrad, sein leiblicher Sohn und die zwei Adoptivsöhne Calfas und Letis. Nach Agadors verschwinden in den Labyrinthen der Donnerfeste entbrannte ein von verletztem Stolz und Missgunst genährter Konflikt zwischen seinen Schülern. Calfas wurde ertrunken am Ufer des Inner Linn gefunden und Letis erlag einer schweren Erkrankung, der selbst die Heiler im Tempel der Weisheit nicht Herr werden konnten. Nezzrad zog sich immer weiter zurück, bis er eines Tages wie sein Vater verschwand und nie wieder gesehen war. Man munkelte, dass er nach Truul gereist war, auf diese unwirkliche und gastfeindliche Insel, wo sein Vater ein Labor unterhielt. Dies lag schon so lange zurück, beinahe ein Jahrhundert und dennoch warfen die Ereignisse von damals Schatten in die Gegenwart hinein.
 
Den restlichen Tag bummelte ich vor mich hin und nutzte das aufgeregte Treiben im Lager, um mich genauer umzusehen und das ein oder andere „Gastgeschenk“ abzustauben. Die Reisenden waren bunt gemischt, Gelehrte, Abenteurer, Krieger, Barden und jede Menge zwielichtiger Gestalten. Zumindest war ich in bester Gesellschaft und musste mir keine Sorgen darum machen, besonders aufzufallen. Ich erinnere mich an einen Kleriker, er war groß, von stattlicher Statur und trank eine berauschende Flüssigkeit aus einem Totenkopfgefäß. Ich fragte mich, welchem Gott er wohl huldigen würde. Da waren Elfen und Zwerge und einige Wesen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Ich beschloss noch ein kleines Nickerchen unter einem Apfelbaum zu machen. Auf dem Weg dorthin kam ich an Arvos Handelskontor vorbei. Auf einer Tafel mit Bekanntmachungen prangte das Schreiben, welches mich überhaupt hierher gebracht hatte. Ich blieb stehen und las es mir nochmals durch:
 
Werte Reisende! Mein Name ist Arvo Aros und ich möchte euch gerne ein Angebot unterbreiten, welches, wie ich hoffe, auf euer Wohlgefallen trifft. Vor etwas mehr als einem Jahr erhielt ich vom Regenten des Inselreiches Myrrth die Erlaubnis, eine kleinere Nebeninsel namens Truul zu erkunden und deren Ressourcen zu erschließen. Bei meiner Ankunft fand ich ein wildes und verlassenes Land vor, welches aber von einer faszinierenden Schönheit durchdrungen, all meine Erwartungen übertraf. Weite Täler, üppige Wälder, eine weitestgehend unangetastete Wildnis, viele Bodenschätze und zahlreiche alte Ruinen versprachen mir ein erfolgreiches Unterfangen. Einige Wochen lang sondierten meine Männer und ich die Lage, errichteten einen kleinen Hafen und den ersten Brückenkopf ins Innere der Insel Truul. Diesen bauten wir um die Überreste eines alten Gebäudes, welches sich später als Forschungslaboratorium eines großen Runenmeisters namens „Agador aus Siebenheim“ herausstellte. Das Wissen, welches wir aus diesem Laboratorium bergen konnten, ist von unschätzbarem Wert, wenngleich es uns an Gelehrten mangelt, die es nutzbar machen können. Die Arbeit geht gut voran, unsere kleine Siedlung blüht auf und die gewonnenen Ressourcen bescheren uns einen guten Gewinn, um unser Unterfangen noch weiter voranzutreiben. Vor einigen Monden jedoch begannen Probleme aufzutreten, denen wir nicht länger alleine Herr werden können. Des Nachts schleichen seltsame Kreaturen um unsere Siedlung und fordern beständig Opfer unter meinen Männern. Manchmal hören wir dumpfe Trommelschläge durch die Wälder hallen und manch einer meiner Männer behauptet, einen unheilvollen Schatten gesehen zu haben. Dies soll euch nicht abschrecken, sondern meine Aufrichtigkeit unter Beweis stellen. Da ich der Meinung bin, dass Ehrlichkeit die beste Grundlage einer gegenseitigen geschäftlichen Freundschaft darstellt, sehe ich mich dazu verpflichtet alles zu erwähnen. Ich suche Mitstreiter, die bereit sind ein Wagnis einzugehen, Krieger, Abenteurer, Glücksritter, Schriftgelehrte und wagemutige Wesen, die auf der Suche nach einem Ort sind, den sie Heimat nennen wollen. Truul bietet für jene, die bereit sind sich die Hände schmutzig zu machen, alle Möglichkeiten. Ich lade euch ein, euch uns anzuschließen oder uns zu besuchen.
 
Beim wiederholten Lesen erschien mir die Einladung durch Arvo irgendwie gar nicht mehr so einladend. Ich wischte den Gedanken beiseite. „Was solls, jetzt bin ich hier.“ Ich legte mich unter dem Apfelbaum in der Nähe der Runenschmiede und döste vor mich hin bevor ich irgendwann fest einschlief.

Kapitel II - Agadors Keller

Der erste Abend begann genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Reisenden kamen ins Gespräch miteinander und erkundeten die Umgebung. Nur wenige hatten wirkliches Interesse an Agadors Runenschmiede. Ich besuchte verschiedene Lager und griff dabei etwas Verpflegung ab, als ein kleines Irrlicht auftauchte und mich umschwirrte. Ein flaues Gefühl machte sich in meiner Bauchgegend breit, als ich eine flüsternde Stimme in meinem Kopf hörte. „Bitte lass mich frei! Was habe ich euch nur getan?“ Immer und immerfort wiederholte es sich. Ich schaute mich um und bemerkte, dass es auch anderen so ging. Es dauerte mehrere Minuten bis die Stimmen meinen Kopf wieder verließen. Sie verschwanden mit den Irrlichtern die irgendwann im Boden versanken. Ich war beunruhigt. Stimmen im Kopf zu hören ist nie ein gutes Zeichen, nicht einmal für Lavok Priester. Auf den Schreck beschloss ich erstmal in die Taverne zu gehen und ein Bier zu trinken. Dort angekommen lauschte ich den meisterhaften Klängen einer Bardin und versuchte einen Spielpartner fürs Würfeln zu finden. Es war nach dem dritten oder vierten Spiel als eine größere Gruppe an der Taverne vorbeizog. Das war verdächtig und ich beschloss, von Wagemut beseelt ihnen zu folgen. Sie umkreisten das Tavernengebäude und blieben vor dem Hintereingang stehen. Wie mir berichtet wurde war ein Tagebucheintrag von Agador in den von Arvo geborgenen Schriftstücken entdeckt worden. In diesem war die Rede von einem besonderen Bereich im Untergrund der Taverne in dem, so zumindest die Vermutung, weitere Manuskripte von Agador von Siebenheim zu finden waren. Der Eingang zum Keller war verschlossen gewesen, in den Aufzeichnungen war jedoch ein Wort der Macht vermerkt mit dem man den Schutz aufheben konnte. Ein Bursche, gekleidet wie ein Gelehrter trat vor und sprach das Wort. Ich kann mich leider nicht mehr daran erinnern, der Mann neigte dazu etwas zu nuscheln. Eine leichte Vibration schoss durch den Boden und wir betraten das dunkle und feuchte Kellergewölbe. Die Maestra, vom Anschein nach eine fähige Magierin, die uns begleitete konnte keinen Lichtzauber wirken um die Umgebung zu erhellen. Sie mutmaßte, dass ein Schutz über diese Räume gespannt worden war der die Entfaltung der Magie verhinderte. Diese Vermutung deckte sich mit dem was ich über Runen gelernt hatte. Ihre Wirkweise ist der Magie sehr ähnlich, bedient sich jedoch einer anderen Macht und ist somit nicht so einfach zu negieren. So bewegten wir uns mehr tastend als sehend voran. Hinter einigen Ecken sahen wir eine Lichtquelle, ein flackernder Schein wie von Kerzen. Wir folgten ihr und betraten kurze Zeit später einen großen Raum der von dutzenden Candela erleuchtet wurde. Alles war von dichten Spinnweben überzogen die wir erstmal vorsichtig entfernen mussten. Dabei fiel eine Spinne, so groß wie ein Teller von der Decke. Der neben mir stehende Krieger entfernte sie fachgerecht und langsam kehrte wieder Ruhe ein.

 

Im hinteren Teil des Raumes befand sich ein Tisch, auf dem eine von Ketten umschlungene Truhe ruhte. Wir untersuchten die Truhe mit den Möglichkeiten die uns zur Verfügung standen und beschlossen nach einer zermürbend langen Diskussion sie zu öffnen. Ich hatte mich derweil unauffällig umgesehen und einen Ring mitgehen lassen, der am Gürtel des Gelehrten angebracht war. Langsam hob der anwesende Kleriker den Deckel hoch. Nichts passierte. Er öffnete den Deckel ein weiteres Stück und wir konnten die Konturen eines Buches erkennen, das ebenfalls von Ketten umschlungen war. Mit einem erleichterten Seufzen öffnete der imposante Kleriker den Deckel der Truhe gänzlich. Das Buch darin war in dunklem Leder gebunden und auf dem Deckel war ein Titel zu lesen. Erleichterung machte sich breit und ich merkte, wie eine lockere Atmosphäre unter den Anwesenden an Raum gewann. Der Kleriker lachte merklich laut auf und sagte „Das Buch Kaleb!“

 

Der Raum verdunkelte sich. Pechschwarze Finsternis vor meinen Augen und in meinen Ohren die gedämpften Atemgeräusche der Mitreisenden. Mein Kopf hämmerte, pulsierte und schmerzte. Es war, als ob sich etwas in meine Gedanken geschlichen hätte, sich krampfhaft festhielt, um Bestand zu haben. Ich stolperte rückwärts, verlor den Halt und stürzte. Das war alles woran in ich mich noch erinnere, bevor die Dunkelheit mich umschloss.

 

Als ich meine Augen wieder öffnete beugte sich eine seltsame Gestalt über mich. Sie war in schwarz und weiß gekleidet und hatte einen strengen Blick. Wie jemand der zum Lachen in den Keller geht. Sie begutachtete meinen Kopf und sagte „Das wird schon wieder“, dann ließ sie mich einfach auf dem Boden liegen und zog weiter. Ich stand langsam auf und beobachtete das Lager um mich herum. Etwas war geschehen, hier war geschäftiges Treiben und der Geruch von Angst und Verwirrung lag in der Luft.

 

TO BE CONTINUED …

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